D’r Pilz-Max

E nusse ja, wer d’n Pilz-Max nich kennete, der wäre firwahr kee richtiger Schlätner. Wenn’r mit sein’m Abnehmgestelle und ´n Pfotografierkästel durch’s Städtel rast, das gehört zu den Schlätner Straßenbildern, wie die Reitschul zum Gahrmarkt. Ihr auswärtigen Schlettauer wißt doch ooch ganz genau, wen ich meene; nu denkt Eich, dieser Pilz-Max hat kirzlich in der „Harmunie“ sei dreißiggähriges Gubiläum als Virstand gefeiert. Gelle, das hat was zu bedeiten, su lange Vierstand in en Gesangverein zu sein, wu der eene immer dahin, der annere dorthin zerret. Ich weeß noch ganz genau, ich war mal in eenem Neste aagestellt, da gabs ooch zwee Gesangvereine, der eene hieß ooch „Harmunie“, der annre hatte den scheenen Namen „Eintracht“. Beede Gesangvereine sangen sehr laut, aber in der „Eintracht“ herrschte keene Harmunie und in der „Harmunie“ keene Eintracht. Das ist nu bei uns in der Schläte nich d’r Fall, und wem hab’n wir das ze danken? D’m Pilz-Max. Was denkt’r dä, wie der mit seiner Stimme durchgreifet und wie da alles su scheene klappet? Ihr Fremden werdet es ja hören, wenn Ihr zum Heimatfest kommet, un wenn Maxel da seine Leute singen lässet. D’n Max verehren aber ooch seine Leite wie ´n Vater. Wos der saget, das gilt. Un wie seine Sänger an ihm hängen, das hab’n wir eb’n su scheen gesehn, wie Max sei Vierstandsgubiläum gefeiert hat. ´s war hinten bei’m Beyer-Lui, dort hat de „Harmunie“ ihre Singstunden. ´s ganze Geratterich war da, ooch die, die sunst fir gewöhnlich nich da sin, ´s gab nämlich e Faß Freibier; nun, sagete da su manicher: „Ehe ich mich totschlag’n lasse, wärschte schu mal higiehn. Ooch e paar Flaschen Rotspohn vom Oeser-Reinhard sei aagefahrn, un da giebt’s fei Luft, da darfste nich fehl’n.“ Also d´r Abend ging mit der statutenmäßigen Verspätung los, un nachdem man eens gesungen hatte, erhob sich d´r Vizevierstand un leget nu in ausfihrlicher, gutgedrechselter Rede die Verdienste vum Pilz-Max uff den Tisch des Hauses, wie sich de feinen Leite auszudrücken pflegen. Alle nickten se mit `n Kopp, als der gefeierte Redner seine Aasprache su vun tiefsten Herzen vum Stapel ließ, un dann gab’s ein kräftiges „Lied hoch!“ un de Gläser klangen zusammen un e „Prosiet“ und „Zum Wohl, Max!“ kam aus den Sängerkehlen, daß d’m Max vor Rihrung de Tränen in d’n Oogen standen. Dann brachten ´se noch een hübschen Großvaterstuhl gerammelt, genau abgemessen nach `n Max seiner weitausgedehnten Sitzsamkeit uno och noch e Bierglas, e sugenanntes Stammseidel stelleten se vur ihn mit den neetigen Worten un Anzieglichkeiten, denn das is ja eene alte Weste, wenn eener geehrt sull wärn, da schiebt man ihm ooch immer e paar Knochen mit zwischen de Beene. Na, ´s war aber wirklich e scheener Abend. Das Fäßchen is nich lange geloffen, un den paar Flaschen hatte man ooch sehr bald d’n Hals gebrochen. Un de Singerei – nu Gutt ja – die klang natierlich in viergerickter Stunde nich mehr viel nach Harmunie. Eener, der draußen vorbeiging, meenete: Hier singt wohl der Gesangverein „Stimmbandschaukel“? Ne, sagete da e annrer, das is der Gesangverein „Wurschtfett“: wie se sing’n, das is ihnen Wurscht, un wenn se heemgehn, sind se fett.

O, ihr niederträcht’gen Leute. Gönnt es doch ooch emal einem su fleißigen Verein, wie d’r „Harmunie“, wenn se mal über das hohe Cis hinausschwappet. Euch wackeren Gesangesbrüdern aber wünschen wir von Herzen, daß Euch Euer Pilz-Max noch recht lange erhalten bleiben möge und daß Ihr nach wie vor unter seiner umsichtigen Leitung in der Pflege der edlen Sangeskunst Euch immer mehr zusammenschweißt zu einer glückgesegneten Harmonie.

pth.

(Fortsetzung.)

Schlettauer Heimatblätter. 1. Jahrgang, Nr. 2 v. 15. Oktober 1925, S. 8